Amüsantes Spiel um große Krise

3. Oktober 2022 | Von | Kategorie: Rezensionen

Rezension von …………………..Bernhard Paumann

Unglaubliche 210 Jahre jung ist der Dilettanten Theaterverein 1812 Kremsmünster (Obmann: Günther Pakanecz) und in all den Jahren ein Garant für frisches, gehobenes und meist amüsantes Theater und für ein Amateurtheater mit einer schier unglaublichen Wiederholungsgarantie.

Und die Jubiläumsproduktion hat es – nach der lästigen Corona-Pause – wieder einmal in sich. Daniel Glattauers Kammerspiel „Die Wunderübung“ zeigt uns einen teils heiteren, teils ruppig lauten Schlagabtausch in einer Paartherapie. In der Regie von Judith Fuderer (Regieassistenz: Peter Schmid) wird ein sprachliches Feuerwerk abgebrannt, das in funkelnden Piecen nachleuchtet, das Publikum verschmitzt hämisch lachen lässt, aber auch nachdenklich stimmt.

Joana und Valentin Dorek sind seit siebzehn Jahren verheiratet und haben zwei Kinder (13 und 15). Die Historikerin und der Ingenieur im Flugzeugbau lernten sich bei einem Tauchkurs in Ägypten kennen. Die damalige gegenseitige Faszination unter Wasser (»Harmonie ohne Worte«) ist im Alltag vertrocknet, wenn auch noch nicht ganz zerbröselt. Anita Wolf und Mario Wakolbinger spielen nicht nur dieses Paar, sie leben ihren Part und lassen vorerst den Therapeuten (Christian Rensch) ein bisschen hilflos erscheinen, wobei der versucht, die noch unterirdisch schlummernden Keimlinge eines Zusammenhalts an die Oberfläche zu transferieren. Beherrscht aggressiv wird das gesamte Spektrum an Vorwürfen, Unterstellungen, Abrechnungen und Bloßstellungen auf der funktionalen Bühne (Franziska Ambruster) ausgebreitet.

Die beiden Eheleute sind erfahrene Streiter und begegnen einander auf Augenhöhe. Geschickt wissen sie den Stär­ken des anderen auszuweichen und seine Schwächen zu nutzen. Sie kontern schlagfertig, reagieren geis­tes­ge­gen­wär­tig, nutzen brillant rhetorische Tricks wie bissige Ironie, witzige Zuspitzungen, deftige Übertrei­bungen, erfrischende Wortspiele. Kommunikativ beherrschen beide alle Register – herunterspielen, provo­zieren, interpretieren, verpetzen, vermitteln. Anita und Mario greifen hier tief in die theatralische Trickkiste und können das Publikum restlos überzeugen, das mit lang anhaltendem Applaus dankt.

Eine Jubiläums Produktion mit Tiefgang, heiterem Amüsement und schauspielerischer Höchstleistung dieses wunderbaren Trios.

Aufführungen: https://www.theaterverein-kremsmuenster.at/wp/

 

 

Keine Kommentare möglich.