Brüderdoppel in Bad Hall

28. Januar 2023 | Von | Kategorie: Rezensionen

Rezension von …… Christian Hanna; Foto: Holnsteiner

Nein, dabei handelt es sich nicht um einen sportlichen Bewerb, sondern um eine fantastische Doppelrolle. Die Tassilobühne bringt in ihrem 45. Jahr im stimmungsvollen Stadttheater Bad Hall den dreiaktigen Schwank Der doppelte Moritz von Toni Impekoven und Carl Mathern aus dem Jahre 1926 zur Aufführung.

Der Großindustrielle Moritz Krause ist in Nöten. Eigentlich wollte er die Abwesenheit von Frau Irene und Tochter Margot, die zum künftigen Schwiegersohn reisen wollen, für einen Abstecher nach Baden-Baden mit seiner Geliebten Lilly nützen. Da kommt ihm ein finanzieller Engpass seiner Firma in die Quere. Er muss dringend nach London zu Verhandlungen, was aber die Konkurrenz nicht mitkriegen soll. Außerdem haben Frau und Tochter die Reise abgebrochen (Margot will den Felix nicht, sondern den Hans) – also wohin mit Lilly? Da muss es also der gewiefte Dr. Hans Hellwig, Krauses Sekretär (und natürlich der Hans, den Margot will), richten (assistiert von Hausarzt, Köchin und Diener). Lilly wird als seine Cousine ausgegeben, Felix stört auch noch und glücklicherweise schneit Max Krause, Moritz‘ ungeliebter, verstoßener Zwillingsbruder, in der Absicht, Moritz anzupumpen, ins Haus. Somit steht ein optisch perfekter Doppelgänger zur Verfügung, der aber (Wer hätte es erwartet?) für zusätzliche Verwicklungen sorgt; nicht zuletzt, weil seine eifersüchtige Frau ihm gefolgt ist. Was letztendlich dazu führt, dass Max Krause als Moritz Krause unter dem Verdacht, seinen Bruder Max Krause aus dem Wege geräumt zu haben, von Kommissarin Knopf verhaftet wird. (Also, wie Sie sehen, geneigte:r Leser:in, ein bisserl aufpassen muss man schon bei diesem fulminanten Tohuwadingsbums!) Aber es wäre ja kein Schwank, hätte die Geschichte nicht ein Happy End – der Reiz liegt in den Umwegen!

Regisseur Felix Hafergut, mittlerweile echter Spezialist für deutsche Komödien der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, hat wieder einmal ganze Arbeit geleistet. Mit großer Sicherheit führte er sein Ensemble durch die Untiefen des nicht ungefährlichen Texts, lotste es durch die Rasanz des routinierten Tür auf, Tür zu – Gedränges, fand immer wieder geeignete Stellen für notwendige Tempowechsel in der reizenden Ausstattung im 50er Jahre – Stil von Manuela und Ralph Dickinger.

(Die zum Glück kaum benötigte) Souffleuse Ingeborg Hafergut musste als in ihren Gefühlen immer wieder enttäuschte Irene Krause einspringen, Fabienne Oberhammer gab die entzückende, leicht eifersuchtsgeplagte Margot. Christine Mitterweissacher als Lilly Leiser kamen Laszivität und erotische Ausstrahlung mit Steigerung des Chaos und Irrsinns zunehmend abhanden, Johannes Behr-Kutsam war als Felix Eisenberg echt durchgeknallt, aber sonst richtig nett. Gerald Petschl als Sanitätsrat zeigte glaubhaft seinen Kontrollverlust als einer, der nicht mehr wusste, für wen er sich gerade ausgeben sollte, als wer er gerade ausgegeben wurde. Michaela Mekina gab die moralisch entrüstete Köchin, Andreas Wollmarker-Stiedl war der (fast zu) treue Diener seines Herrn, Publikumsliebling Ingrid Latschenberger-Ehrig hatte einen Kurzauftritt als hantige Kriminalkommissarin, Ingrid Mager verkörperte voll Optimismus die leidgeprüfte Frau von Max Krause. Ganz wunderbar gestaltete Bernhard Ruf seine Rolle als Sekretär Hellwig – immer wieder fast verzweifelnd ob des ganz normalen Wahnsinns, der ihn umgibt, und doch jederzeit bereit, mit einer kleinen Finte noch einmal am Rad genau dieses Wahnsinns zu drehen. Hans Scheidleder schließlich trug die Last der doppelten Titelrolle mit Bravour und, so hatte man im Publikum den Eindruck, auch mit Genuss; denn wie sollte man, wenn man so lange nichts miteinander zu tun hatte, viel vom Leben, den Gewohnheiten dieses anderen wissen? Echte Darstellerqualen, die dem Publikum viel Freude bereiteten!

Noch zu sehen am:
28.1., 3.2., 4.2. jeweils um 19.30 Uhr

https://www.stadttheater-badhall.com/tassilo-bühne-2023/

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