Das gelebte Leben – ein erster Entwurf?

11. April 2024 | Von | Kategorie: Rezensionen

Rezension und Fotos: Hermine Touschek ……………….

Der Theaterverein St. Martin im Innkreis feierte am 5. 4. Mit „Biografie – ein Spiel“ von Max Frisch Premiere. Regie führte Kay Melaun aus Bad Schallerbach.

Biografie: Ein Spiel wurde 1968 im Schauspielhaus Zürich uraufgeführt.

Hannes Kürmann (Florian Wimmer), Professor für Verhaltensforschung, ist schwer krank. Sein Wunsch: „Wenn ich noch einmal anfangen könnte, ich wüsste, was ich anders machen würde“, geht in Erfüllung. Der Ausgangspunkt ist sein Unmut gegen ein Dasein, das er als Misserfolg empfindet. Ein Registrator als Spielleiter (Michael Matzner) führt ihn durch vergangene Schlüsselerlebnisse und bietet ihm die Möglichkeit, sich anders zu verhalten, mit dem Wissen, die Zukunft zu kennen.
Für Kürmann ist aber nur wichtig, eine Biografie ohne Antoinette durchzuspielen. So befasst er sich vorrangig mit jenem Abend, bei dem er anlässlich einer Feier Antoinette Stein (Katharina Wimmer) kennenlernte. Doch egal, wie er versucht den Abend zu gestalten, er mündet immer in einer gemeinsamen Nacht. Doch die Korrektur der Vergangenheit gestaltet sich schwerer als gedacht. Er findet sich immer wieder in alten Mustern gefangen, verfängt sich emotional, scheitert und probiert es erneut. Die Schuld für seine Misserfolge bürdet er anderen oder äußeren Umständen auf. Die Schuld für sein Versagen liegt aber hauptsächlich an seiner Einseitigkeit und seinem Ausbleiben jeder Anpassung an Mensch und Lage. Was wäre gewesen, wenn auch Antoinette etwas geändert hätte?
So bleibt immer die Frage: Ist es überhaupt möglich, das eigene Leben grundlegend zu verändern? „Leben spielen“ ist nur auf der Bühne erlaubt – sozusagen eine nicht endende Probe.

Bei einem Stück, das keine wirklichen dramaturgischen Höhepunkte hat, ist es schwierig, das Publikum „bei Spannung“ zu halten. Regisseur Kay Melaun ist dies ganz gut gelungen. Ein paar Striche hätten wahrscheinlich noch zusätzlich geholfen.

Florian Wimmer ist ein überforderter, verzweifelter Professor Kürmann. Er leidet sichtlich unter den vielen Ansprüchen, die an ihn gestellt werden. Verbittert verleiht er dem Scheitern fast anrührende Züge, sodass ihm das Publikum am liebsten behilflich sein möchte.
Michael Matzner gibt einen ernsthaft entschlossenen Spielleiter, der sich manchmal eine Spur von Zynismus nicht verkneifen kann. Er agiert als Lebenscoach, der kritisch Optionen gegenüberstellt und so bestrebt ist, dass Kürmann das Ziel erreicht, das er sich selbst gesetzt hat.
Katharina Wimmer ist eine charmante Antoinette – sichtlich etwas genervt ob der vielen Wiederholungen des einen Abends. Mit ihrem raffinierten, trockenen Humor überzeugt sie immer präsent.

Noch zu sehen am:
12. u. 13. April jeweils um 20 Uhr und am 14. April um 19 Uhr
https://theater-st-martin.at/

 

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