So stehen die Burgfestspiele Reichenau no lang

1. August 2023 | Von | Kategorie: Rezensionen

Rezension von …………………………….. Christian Hanna

Auch wenn Johann Nestroy in seinem wohl berühmtesten Couplet, dem Kometenlied aus der Zauberposse Der böse Geist Lumpazivagabundus, den Schuster Knieriem räsonieren lässt „Die Welt steht auf kein‘ Fall mehr lang“ – so wird es in Reichenau wohl nix mit dem Untergang. Denn die Produktion ebendieses Stücks fügt sich hervorragend in die Sommertheatertradition der Burgfestspiele Reichenau ein.

Um das Vor- und Nachspiel in der Geister- und Feenwelt – diese literarische Mode neigte sich 1833, im Entstehungsjahr des Lumpazivagabundus, schön langsam ihrem Ende zu – vom eigentlichen Stück deutlich abzusetzen (schließlich hat man es mit Doppelbesetzungen zu tun), bediente sich Regisseur Gerhard Koller des Figurentheaters: Die Darstellerinnen und Darsteller tragen ausdrucksstarke Klappmaulpuppen aus der Werkstatt Tröbinger, Feenkönig Stellaris wird gar als meterhohes Porträt am Burgturm auf und ab gezogen.

Im Hauptteil auf der Erde geht es hingegen konventionell zu, jede Figur darf das eigene Gesicht tragen. Und auch die Musik ist live – Wolfgang Stelzer begleitet den Abend stilsicher mit seinem Akkordeon.

Ebenso stilsicher und individuell gestalten die Akteurinnen und Akteure ihre Rollen. So darf etwa Elisabeth Stelzer als Haushälterin Gertraud ihren Text schwäbeln, Patrick Meixner als Hobelmann näseln (der ist ja schon was Besseres!), und auch Wirte, Knechte und Bediente passen wunderbar.

Margit Söllradl, Barbara Jenner (alternierend mit Julia Lichtenegger) und Klara Heiglmayr als Signora Palpiti und Töchter präsentieren eine herrliche Studie in Schrillheit und Outrage. Die darstellerische Krone der Produktion ist natürlich das Liederliche Kleeblatt (so der unterschlagene Untertitel) Leim, Zwirn und Knieriem. Jonas Maurer ist ein schon von vornherein solider Tischlergeselle Leim, der im ständigen Wunsch nach Häuslichkeit (und seiner großen Liebe Peppi, von Klara Heigelmayr sympathisch handfest verkörpert) natürlich keine wilden Kapriolen schlagen darf. Thomas Hochrathner gibt den Schneidergesellen Zwirn mit hochstaplerischer Eleganz, Windigkeit und Wendigkeit. Christian Kudler als Schustergeselle Kniereim ist bereits von Anfang an „am Sand“, zeigt aber stets deutlich, dass er sich genau dort wohlfühlt und grantelt nur ob der Besserungs- und Belehrungsversuche einiger Personen um ihn.

Und so war der Abend wie eine erfreuliche Wiederbegegnung mit einem alten Bekannten, mit dem man sich auch früher immer gern getroffen hat.

Noch zu sehen: https://burgfestspiele.at/der-boese-geist-lumpazivagabundus/

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