Spannende Zeitreise ins 19. Jahrhundert

11. Juli 2023 | Von | Kategorie: Rezensionen

Rezension von …………………… Bernhard Paumann

Ludwig Anzengrubers „Der Meineidbauer“ (Uraufführung 1871im Theater an der Wien) heutzutage aufzuführen ist Wagnis und Gewinn. Wagnis, weil diese Form des Volkstheaters mit seiner Gesellschaftskritik häufig als veraltet und verstaubt angesehen wird. Anton Aichberger hat mit der Theatergruppe Altenberg eine gelungene Zeitreise ins 19. Jahrhundert auf die Bühne des Katzjaga Stadls (Bühne: Walter Koberwein und Team) gezaubert, diesen Bühnenklassiker entstaubt und auf heutige Verhältnisse angepasst – was dem Stück durchaus wohlgetan hat. Das ist der Gewinn im Umgang mit schwergewichtigen Bühnenklassikern. Vor gar nicht so langer Zeit sind die aufgezeigten Probleme (Standesunterschiede, bäuerlicher Dünkel gegen Knechte und Mägde, Ausgeliefertsein an Willkür und Machtmissbrauch) noch gang und gäbe gewesen, nachzulesen bei Felix Mitterer und Franz Innerhofer.

Mathias Ferner (Peter Geisler spielt ihn mit der ganzen Bösartigkeit eines Wissenden, wenngleich in wenigen Phasen ein leiserer Ton stimmiger gewesen wäre) hat sich nach dem Tod seines Bruders durch Testament Unterschlagung und Meineid in den Besitz des Kreuzweghofes gebracht, der der jungen Vroni Burger (Julia Bachl formt diese Rolle mit aller Verletzlichkeit, mit Stolz und Unnachgiebigkeit) und ihrem Bruder Jakob (Christopher Lackinger überzeugend als heimgekehrter verlorener Sohn) zusteht. Als Magd auf dem Adamshof muss sie sich der Annäherungen des Bauernsohnes Toni (Andreas Hörtenhuber changierend zwischen Geilheit und Zurückweisung), der allerdings mit Creszenz, der Tochter des Meineidbauern, verlobt ist (Johanna Seyr in der Rolle des fremdbestimmten Weibes).

Einen komödiantischen Ton in das düstere Geschehen bringt Veronika Geisler als die Wirtin der Schenke „Zur Grenze“ und Vronis Großmutter. Mit Wortwitz und lockerem Spiel setzt sie einen Kontrapunkt zum blutigen Geschehen am Ende, wo Franz Ferner (Mario Theusl als Sympathieträger im Lügengespinst) von seinem eigenen Vater angeschossen wird, dieser aber in einem akustisch gewaltigen Gewittersturm in einer Schlucht zerschmettert wird.

Ein buntes Bild bietet diese Aufführung mit den zahlreichen Akteuren als Landvolk, Schwärzer (Schmuggler) und Mägde, untermalt mit volkstümlicher Musik (Norbert Rosenbichler mit Mitgliedern des Musikvereins Altenberg. Die untermalende Szenenmusik geriet für mich ein bisschen zu pastos und getragen.

Mit einem solchen Konzept ist es möglich und sogar verdienstvoll, einen „verstaubten“ Klassiker ins Heute zu transferieren und der anhaltende Applaus zeugt von der Anerkennung durch das Publikum.

Noch zu sehen: http://www.kultur.altenberg.at/theater/index.htm

Keine Kommentare möglich.