Schaurig schön …..

17. November 2025 | Von | Kategorie: Rezensionen

Rezension: Bernhard Paumann, Foto: Gerhard Mair …..

…. ist die Geschichte Bram Stokers (Bearbeitung Johannes Kaetzler) über den Blutsaugergrafen, schaurig schön ist die Inszenierung von „Dracula“ durch die Theatergruppe Kirchdorf, schaurig schön ist das Ambiente des Grauens auf dieser Minibühne, schaurig schön ist das heimliche Gruseln, das sich beim Heulen der Wölfe und klagenden Schreien zu den Nackenhaaren emporwindet.

Überraschend der Einstieg, wo sich in Bilderrahmen die Akteure zu Klängen von „Satisfaction“ der Rolling Stones in das blutige Geschehen einführen. Und man kann wahrlich nicht genug bekommen von der darstellerischen Qualität der Gruppe, souverän und subtil geführt von Johanna Horcicka und Eva Bodingbauer.

Als blutsaufender Graf brilliert Kurt Geiseder in einer Zwitterrolle als beherrschendes Monster und verbindlich blasierter Aristokrat, und er spielt mit unbeweglichen Gesichtszügen, in denen hin und wieder der Schalk aufblitzt, Schrecken, Leichtigkeit und Begierde. Mit blutroten Lippen (die er ständig erwartungsgeil nachzieht) nähert er sich seinen Opfern, die ihm verfallen sind.
Den Rechtsanwalt Hacker, den es nach Transsylvanien verschlägt, mimt Thomas Hochreiter als von seiner Angst Getriebener und schließlich Sprachloser, der erst bei der Vernichtung des Grafen seine Sprache und seine Verlobte Mina Murray (Gertraud Waldhör-Saatmann) findet. Diese findet die Balance zwischen Grauen und Vertrauen, das Hinundher-Gerissensein zwischen Realität und latentem Schrecken.
Minas Freundin Lucy (Michaela Hinterwirth), ein Objekt der Begierde des Grafen, changiert zwischen lustvoller Hingabe und verwirrt mondsüchtiger Naivität. Ihr Verlobter Lord Holmwood (Eva Hebesberger) verkörpert die Hilflosigkeit angesichts des unerklärlichen Geschehens. Ingrid Pohn spielt den geisteskranken Patienten perfekt in Mimik und Bewegung, herzzerreißend mit verschmiertem Lippenstift nach dem „Todeskuss“ (den es natürlich nicht gibt, denn sie werden nur Untote). Martina Geiseder als Vampirjäger van Helsing und Arzt der Irrenanstalt zeigt in Haltung und Sprache die überlegene Aufgeklärtheit. Ganz in der traditionellen englischen Manier spielt Norbert Paminger den Butler James mit steifem Gehabe und stoischer Ruhe.

Es wäre nicht die Theatergruppe Kirchdorf, wenn nicht auch die „Puppen“ zum Zug kommen (Figurenbau Rosa Deutsch, Eva Bodingbauer, Michaela Hinterwirth). Diese Vampire (geführt von Eva Hebesberger, Michaela Hinterwirth, Ingrid Pohn) mit spitzen Zähnen und blutigem Rachen umklammern mit scharfen Krallen ihre Opfer oder hängen wie Fledermäuse von der Decke.
Das Bühnenbild einfach, funktionell (Paul Saatmann, Norbert Seidl) und mit den Bilderrahmen als Dekoration wie auch als Spielobjekt ein genialer Kunstgriff. Auch die Kostüme (Martina Geiseder, Helga Lang) sind passend und weisen einen morbiden Touch auf.

Mit einem Wort: eine Augenweide, ein Ohrenschmaus, ein theatrales Ereignis, das mit ein bisschen Frösteln und verstecktem Grauen in die nebelige Nacht entlässt.

Noch zu sehen am:

Do. 20. November 2025 20 Uhr
Fr. 21. November 2025 20 Uhr
Sa. 22. November 2025 20 Uhr
So. 23. November 2025 18 Uhr
Do. 27. November 2025 20 Uhr
Fr. 28. November 2025 20 Uhr
Sa. 29. November 2025 20 Uhr
https://www.theater-kirchdorf.at/aktuelles.html

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