Wenn ein „Schulmeisterlein“ Theater macht…
21. Oktober 2025 | Von Hermine Touschek | Kategorie: RezensionenRezension von Bernhard Paumann, Fotos: Theater Helfenberg
… dann darf man sich kreatives, außergewöhnliches und innovatives Theater erwarten. So geschehen im Gasthof Haudum in Helfenberg, wo die ansässige Theatergruppe unter der Regie von Günter Wolkerstorfer, einem profilierten Schulspieler, mit „grantig, g’schmackig, wienerisch“ einen witzigen und nachdenklichen Heurigenabend gab. Als besonderes Schmankerl gab’s in der Pause für alle sogar eine deftige Heurigenjause.
Und dazu jede Menge Wiener Musik (Elisabeth und Bernhard Syrowatka, Wolfgang Huala und Gerhard Blaschek) auch mit den entsprechenden „Hadern“. Einen Augen- wie Ohrenschmaus mit „Der gschupfte Ferdl“ und „Das Fräulein Vera“ (mit ihre Vaehra) bietet Eva Prechtl, etwas besinnlicher und wehmütiger bleibt William Mason mit „Das alte Kaffeehaus in Döbling“, stimmgewaltig dann das Duo Günter Wolkersdorfer und Wolfgang Huala mit „A Spitzerl, a Räuscherl….“ und der wahrhaftigen Aussage eines „Tranklers“: „I bin in mein Hümme und dann geh i speim“. Und dann darf das Tauberlvergiften auch nicht fehlen (Dominik Revertera).
Am Beginn des Programms standen einige wenige Szenen aus „Die letzten Tage der Menschheit“ von Karl Kraus mit dem Zeitungsausrufer Stefan Fölser. Was für ein Unterschied zwischen dem resigniert servilen Kellner (William Mason) ob der Hungersnot und dem aggressiven Verkäufer (Clemens Wolkerstorfer) auf dem Viktualienmarkt. Grotesk die Schülerszene (Marisa Kainberger, Christine Lumetzberger, Wernher Keplinger, William Mason, Pauli Madlmayr, Tobias Wolfmayr), in der ein ungesunder Patriotismus vermittelt wird. Wäre nicht Wien, wenn nicht geraunzt und gegrantelt wird (Theresa Mittermayr, Anna Mossböck, Eva Prechtl, Jonas Leibetseder, Tobias Wolfmayr, Wernher Keplinger).
Szenen von Paul Morgan und Daniel Glattauer folgten. Als sprachgewaltig entpuppte sich Clemens Wolkerstorfer in einem Monolog aus Bernhards „Holzfällen“, allerdings wäre noch Platz für leisere Töne gewesen. Nicht mehr ganz zeitgemäß schien mir „Travnicek und die Wahl“ (Dominik und Philipp Revertera), denn die Pointe beruhte auf dem damaligen Alkoholverbot am Wahltag, und die kam nicht.
Dass Gedichte (nämlich die von Anton Krutisch) auch gespielt werden können, weist auf den Schulspieler hin. Köstlich komödiantisch „Da Radi“ (Elisabeth Mitterlehner, Tobias Wolfmayr) und Eva Wolkerstorfer in „Bananen“. Eine Gebrauchsanweisung, wie man eine Burenwurst bestellt, gaben Christine Lumetzberger und Pauli Madlmayr.
Dieser Abend war eine gelungene Melange aus Heurigenseligkeit, Walzerstimmung, Wiener Charme und Grant, subtilem Schmäh und dem Gefühl von „verkauft’s mei gwand i foar in hümme“.