Gagfeuerwerk gegen Moralinsaures

16. Januar 2023 | Von | Kategorie: Rezensionen

Rezension von ………………………….. Bernhard Paumann

Es ist kaum zu glauben: Da schreiben 1924 – also vor knapp 100 Jahren –  die beiden Autoren Ernst Bach und Franz Arnold die Boulevardkomödie „Der wahre Jakob“ und die Kulturgemeinschaft Kirchberg ob der Donau macht daraus eine rasante, durchaus heutige Komödie. Gut getan hat die Ersetzung des Berlinerischen in ein oberösterreichisches Wienerisch durch den Regisseur Heinrich Pusch und eine genialische Strichfassung durch Joachim Rathke, der dem ersten Akt eine lähmende Leere nimmt und eine unglaubliche komödiantische Rasanz in das Spiel bringt. Lacher bis zur Erschöpfung.

In dem Provinzstädtchen Pleißenbach tun sich mit dem Stadtrat Strudel (Karl Rothberger als Vollblutkomödiant, der in seiner natürlichen Spielfreude glänzt), seinem Freund Bock (mit Gerhard Wipplinger als naive Unschuld vom Lande hinreißend besetzt) und seinem Schwager (Bernhard Endemann in seiner radikalen Moralität eine wunderbare Karikatur des nachmaligen „Porno-Humer“) tun sich zusammen, um die Moral zu heben, und erstere sollen zu einem Kongress für „Werte und Moral“ nach Wien reisen. Doch die wissen nichts Besseres, als in ein Varieté zu gehen, wo sie dem Charme der Tänzerin Yvette (Katharina Praher als unaufdringliche, aber umso erfolgreichere Intrigantin) verfallen, die eigentlich die Stieftochter Strudels ist, die er in Kanada wähnt. Er gerät noch in den Bannkreis der Verehrer (Herwig Höfler als bulliger Amerikaner mit köstlichem Akzent und Martin Atzgersdorfer als wunderbar versnobter, abgetakelter Adeliger) und seiner Gattin (Renate Zalto zurückhaltend, aber bestimmend im Hintergrund). Die ahnungslose Verwirrung steigert sich zu einem Crescendo, in dem auch die sogenannten „kleinen“ Rollen (Julia Schütz, Roswitha Hofer, Alexandra Gahleitner, Tobias Hofer und Heinrich Pusch) ihren gebührenden Anteil haben.

 

Und dieses Spiel lebt von der Rasanz, den punktgenauen Abgängen und Auftritten, dem gekonnten Beiseite-Sprechen, dem gezielten Setzen von Pointen, die manchmal im aufbrausenden Lachen untergehen. Hier wird Komödie nicht gespielt, sondern gelebt. Nicht zu vergessen die Musik (Christoph Eidenberger, der mit seinen „alten Hadern“ sogar das Publikum zum Mitsingen brachte).

Und ich denke, es haben sich sogar die altehrwürdigen Balken des Gasthauses Koblmüller vor Lachen gebogen.

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