Charleys Tante reloaded – Das Lernen des modernen Mannes

20. März 2024 | Von | Kategorie: Rezensionen

Rezension: Christine Mitterweissacher, Foto: Bepperltheater St. Ulrich …………

Zwei Nerds, ein schüchterner Romantiker und ein geschiedener Computerfreak, warten in ihrer WG auf den Besuch von Charleys Tante, die in New York als Modeikone erfolgreich ist. Nicht nur das, Jacks mega-coole Teenie Tochter (Lisa Nemeth) wird von ihrer verkrampft entspannten Yoga-Mutter (Manuela Muhr) zur Beaufsichtigung abgegeben. Charleys Angebetete, in die er sich beim ‚Gender-Workshop‘ verknallt hat, schauen mit ihrer Schwester vorbei. Diese ist Reporterin auf der Suche nach einer guten Story. Als sie von Charleys Tante hören, beschließen sie zum Abendessen wieder zu kommen. Die vier genießen bereits den Abend, als der strenge Hausverwalter Jack Druck wegen fehlender Zahlungen macht. Der Stress wird noch größer, als Charleys Tante absagt. Damit die Damen trotzdem bleiben, schlüpft Jack kurzerhand in ein Kleid und tritt als Charleys Tante auf. Er ist so überzeugend, dass alle ihn wirklich für die Tante halten. Sogar der Hausverwalter, Gabor Botha, den rote Fliege und ebensolche Hosenträger vom groben Polterer in den liebestrunkenen Kavalier, der der vermeintlichen Tante einen Heiratsantrag macht, verwandeln, ist verzückt.

‚Charleys Tante reloaded‘ schafft den Sprung in die Jetztzeit, entstaubt die allseits bekannten Erinnerungen an frühere Filme oder Produktionen. Das Ensemble des Bepperl Theaters in St. Ulrich bringt die emanzipierte Gender-Insta-Story mit viel Schwung auf die Bühne. Wie wohltuend, dass in diesem Stück auch die Frauencharaktere wichtig sind. Wir hören, dass anscheinend Männchen, die nach dem Evolutionsprozess übrigbleiben, bei den Frauen von heute keine Chancen mehr haben. ‚Mann‘ hackt sich eher in ein Computersystem als in ein Frauenherz.

Gerhard Madengruber besticht gekonnt komödiantisch als ‚Charleys Ersatz-Tante’ im ‚kleinen Roten‘, mit rollend amerikanischem Akzent und rettet die Party. Garantiert erfolgreich ist der Abend in Gender gerechter Sprache, besonders gepflegt von Charleys Muse Tabea, reizend verkörpert von Sonja Krobitzsch.
Dass der Text stellenweise wirkt, als ob er eine Aneinanderreihung von Witzen à la Faschingssitzung wäre, wird durch gut gespielte Szenen und die gekonnte Regie von Elisabeth Kronsteiner (auch Souffleuse) wett gemacht. Es entstehen immer wieder amüsante Slapstick artige Situationen. Zwischendurch filmt die Göre ihre Insta Story direkt aus Daddies Wohnung. Der Verwalter jagt sein Täubchen, Charleys Tante, die sich kreativ windet und ihren Verfolger zwar bei der Stange, aber doch auf Distanz hält, durch die Wohnung. Als ob das nicht genug wäre, taucht die richtige Tante (Inge Erbsner) überraschend doch auf. Die engagierte Journalistin Nelly unterhält auf vielfältige Weise. Tanja Kölbl gibt u.a. sehr authentisch und komisch die langsam Champagner beschwipste Nachbarin. Harald Schachinger erfreut als liebenswürdiger literaturbeflissener Nerd Charley und begleitet das Publikum humorvoll durch den Abend.

Die heurige Aufführung des Bepperl Theaters ist eine tolle witzige Produktion, die Ergebnis einer stattlichen Ensembleleistung ist. Karin Nestler ermöglicht mit Styling und Schminke allen den passenden Auftritt. Eine überraschende und angenehme Besonderheit ist die kreative Begrüßung des Conférenciers Harald Riglthaler und seine Vorstellung der Beteiligten am Ende der Vorstellung. Wer braucht schon ein Programmheft, wenn es doch so charmant anders geht? Das ist eben original Bepperl Theater.

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