Brecht in Molln

21. März 2024 | Von | Kategorie: Rezensionen

Rezension: Christian Hanna, Foto: theater frei-wild, ……..

Im Nationalparkzentrum Molln brachte die Gruppe theater frei-wild das sperrige Stück von Bert Brecht Der kaukasische Kreidekreis zur Aufführung.

Die bekannteste Szene des Werks, die Gerichtsverhandlung darum, welcher Frau ein Kind denn nun wirklich gehört – der, die es geboren hat oder der, die es liebt –, steht am Ende. Eigentlich geht es um einen Bürgerkrieg und einen Potentaten, seine Vertreibung von der Macht, die Wiedererlangung derselben, um große soziale Unterschiede, die Herzlichkeit der Unterpriviligierten und die Kälte der Reichen sowie um einen Richter, der nicht studiert, aber gerecht ist, wenn seine Kasse stimmt.

Regisseur Wilfried Schrutka ist es mit seinen Darsteller:innen bestens gelungen, den Text, der beim Lesen doch recht trocken ist, lebendig, beseelt zu machen, sogar der eher sinistre, unterkühlte Humor Brechts beginnt in dieser Inszenierung zu leuchten. Theatralische Aktualität wird auch erzielt durch das Spiel auf offener Bühne ohne Bühnenbild, bei dem sämtliche Akteure ständig anwesend bleiben. Brechts episches Theater wird sowohl durch Erzählerin und Erzähler (die natürlich auch bei den wenigen Textunsicherheiten weiterhelfen) sowie durch die zeitweilige Distanzierung mancher vor allem Nebenrollendarsteller:innen von ihren Texten treffend umgesetzt.
Als gute Idee erwies sich weiters die Besetzung des Kindes durch Puppen aus zusammengerolltem Packpapier, um keinen sentimentalen Realismus aufkommen zu lassen.

Die große, 16-köpfige Besetzung (Willi Berger, Bernadette Bramberger, Dagmar Brugger, Iris Egelseer, Franz Himmelfreundpointner, Inge Hörschinger, Josefa Markowetz, Laurenz Priller, Susi Rußmann, Roswitha Schrutka, Franz Steiner, Heidi Triml, Gerhard Wagner, Ulrike Weiländer, Sonja Wurzer und Andreas Zeitlinger) in den insgesamt 46 Rollen des Stücks zeigte große Wandelbarkeit und steigerte sich nach kleinen Unsicherheiten zu Beginn des Abends zu einer beeindruckenden darstellerischen Gesamtleistung. Besonders zu erwähnen sind Willi Berger als Azdak, zuerst Schreiber, später Richter, dessen Alkoholkonsum parallel zu seiner Korrumpierung steigt, Iris Egelseer als durch und durch egozentrische Gouverneursgattin Natella Abaschwili und Dagmar Brugger als gute Seele Grusche Vachnadze, die für das ihr anvertraute, von der Mutter Natella zurückgelassene Kind Simon in grenzenlosem Altruismus auch ihr eigenes Leben opfern würde.

Dank an alle Mitwirkenden für diesen schönen Abend, der einen in tiefen Gedanken in die Nacht entlässt!

 

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