Anatevka – ein Stück zum Lachen und Weinen

7. November 2023 | Von | Kategorie: Rezensionen

Rezension und Fotos: Hermine Touschek ……………

Zum 20jährigen Bestehen des Vereins Musicalwaves wurde das Musical „Anatevka“ auf die Bühne des Stadttheater Wels gebracht. Für die Regie verantwortlich zeichnete Ethem Saygieder. Die Gesamtleitung hatte Gabriele Mickla, die den Verein vor 20 Jahren gegründet hat. Die choreografische Leitung übernahm Julia Nica, und begleitet wurden die Sänger und Sängerinnen von der „Sinfonietta“ Wels unter Martina Franke.

Musicalwaves lädt junge und jung gebliebene Talente zu Projekten ein, sich in künstlerisch anspruchsvollen Produktionen in professioneller Begleitung zu verwirklichen. Im Arbeitsprozess wachsen die Ensemblemitglieder durch Coachings, Workshops und Proben einzeln aber auch zusammen.

Mit Anatevka hatte Musicalwaves zum Jubiläum große Herausforderungen zu meistern und geworden ist es eine Sternstunde des Vereins zur Förderung junger Talente.

Die Erfolgsgeschichte des Musicals von Jerry Bock (Musik), Joseph Stein (Buch) und Sheldon Harnick (Gesangtexte) beginnt 1964 am Broadway unter dem Titel „The Fiddler on the Roof“.  Es beruht auf den in jiddischer Sprache geschriebenen Erzählungen „Tevje, der Milchmann“ von Scholem Alejchem.

Mit „Anatevka“ reist das Publikum ins zaristische Russland um 1905. Das Musical erzählt vom Leben der armen Leute in einem jüdischen Schtetl namens Anatevka in der Ukraine – von Sitten und Gebräuchen, von den Sorgen um das tägliche Brot und dem schwelenden Antisemitismus – Juden waren im russischen Kaiserreich nur geduldet. Aber es erzählt auch von der Lebensfreude der Menschen.

Anatevka“ wird bald 60 Jahre alt und hat sich dank zeitloser Qualitäten als eines der Spitzenwerke des Genres „Musical“ auf den Spielplänen erhalten. Eines der schönsten,  erfolgreichsten Musicals hat kein Happy End. Es ist sehr textlastig und mehr ein Schauspiel mit unglaublich viel Musik.

Für die Rolle des Tevje holte sich Musicalwaves einen Profi. Guido Baehr verkörpert den Milchmann als liebenswerten Patriarchen – umständlich – immer zu einem Schwätzchen bereit und in steter Zwiesprache mit seinem Gott. Gabriele Mickla gibt seine Frau Golde, mit resolutem Witz und viel Humor. Die Mitglieder des Ensembles, die jungen Talente von Musicalwaves, können durchaus neben den Profis der Musicalbühnen bestehen. Sie vereinen die Leidenschaft für Musik und Spiel und die Begeisterung mit der eine Produktion auf die Bühne gebracht wird.

Die Inszenierung von Ethem Saygieder ist berührend, ohne rührselig zu sein. Sie vermittelt eine wunderschöne Bildhaftigkeit mit Tempo und Spannungsbögen – verabreicht uns aber auch die bittere Pille, die dieses Werk beinhaltet, mit einem tragikomischen Zuckerguss.

Leider ist das Thema von Anatevka aktueller denn je. Sich die Welt in vereinfachter Weise zu erklären, auf der einen Seite ein Aggressor und auf der anderen Seite ein unterdrücktes Volk zu sehen, wirkt für viele wahrscheinlich befreiend. Aber eine derartige simplifizierende Weltsicht bringt nicht die Lösung. Wir bleiben immer mit den Fragen konfrontiert: „Wie (über-)leben wir in einer gewaltsamen Welt?“ und „Wie Zuversicht und Hoffnung tragen in eine neue Welt?“.

Falls ihr Interesse habt, euch unter Anleitung professioneller DozentInnen, in den Bereichen Gesang, Tanz und Schauspiel zu entwickeln und euch auf der Bühne zu beweisen, besucht die Homepage.

https://www.musicalwaves.at/

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